Relevanz von Adherence

Im Jahr 2003 veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen Bericht mit dem Titel: „Adherence to long-term therapies – evidence for action“ (Sabate, 2003). Der Bericht macht deutlich, dass ein niedriges Adhärenzniveau bei der Behandlung chronisch kranker Menschen weltweit ein Problem darstellt. Für entwickelte Länder liegt die durchschnittliche Quote bei 50 %, für Entwicklungsländer deutlich niedriger. Demnach kommen die entwickelten Therapiepläne in der Hälfte der Fälle zur Umsetzung. In der Mehrzahl der Fälle wirkt sich dieser Umstand negativ auf die Behandlungsverläufe aus. Unterschiede im Verhalten von Patienten ergeben sich im Hinblick auf Bevölkerungsgruppen, Altersgruppen aber auch im Hinblick auf Krankheiten, wenngleich wir von grundlegenden psychologischen Mechanismen ausgehen, die es dem Menschen unabhängig von der Erkrankung schwer machen, Medikamente einzunehmen.

Durch den Anstieg der chronischen Erkrankungen vor dem Hintergrund des demographischen Wandels gewinnt der Einfluss von niedrigen Adhärenzniveaus im Hinblick auf medizinische Behandlung und gesundheitliche Versorgung an Bedeutung. Als Konsequenz aus non-adhärentem Verhalten kommt es zu schlechten Behandlungsergebnissen verbunden mit einem Anstieg der Kosten im Gesundheitssystem. Von daher gehen wir umgekehrt davon aus, dass hohe Adhärenzniveaus die Sicherheit und Lebensqualität der Patienten steigern und somit einen wichtigen Faktor zur Erhöhung der Effektivität von Gesundheitssystemen darstellen. Für Haynes ergibt sich aus diesem Sachverhalt, dass die Entwicklung effektiver Interventionen zur positiven Beeinflussung von Adherence einen größeren Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung hat als die Entwicklung von neuen Medikamenten (Haynes, 2001).

Der Anstieg chronischer Erkrankungen erfordert somit seitens der Gesundheitssysteme und der darin tätigen Berufsgruppen entsprechende Anpassungsleistungen. Für ein zukunftsfähiges Berufsprofil professioneller Pflege bedeutet dies, dass entsprechende Kompetenzen zur positiven Beeinflussung von Adhärenzniveaus für die entsprechenden Arbeitsfelder entwickelt und auf Wirksamkeit überprüft werden müssen. Ziel dieser Interventionen ist nicht nur, dass der Professionelle dem Patienten Expertenwissen vermittelt. Ziel ist auch, dass Pflegende und andere Professionelle von den Patienten lernen, wie diese ihre Erkrankung in ihr Leben integrieren.

Wesentlicher Gedanke des Adherencekonzeptes ist also, dass der Patient bei Nichteinhaltung von Therapieplänen nicht beschuldigt wird und somit in die Rolle des Entgegennehmenden, des Nicht – Befolgenden also eher in eine passive denn in eine aktive Rolle gedrängt wird, sondern weitere notwendige Unterstützungselemente mit ihm gemeinsam zu entwickeln sind. Somit kommt dem Patienten eher die Rolle des selbst Handelnden zu.

Bei Adherence sprechen wir von einem komplexen Geschehen, welches von vielen Faktoren beeinflusst wird. Dabei handelt es sich um einen dynamischen Prozess, der in den jeweiligen Phasen der Krankheitsverlaufskurve immer wieder bearbeitet werden muss.

Literatur

Haynes, R.B. (2001). Interventions for helping patients to follow prescriptions for medications. Cochrane Database of Systematic Reviews, Issue 1.

Sabate, E. (2003). Adherence to long-term therapies: evidence for action. Geneva: World Health Organization.